Wie beteiligen wir uns?
Kultureller Austausch und künstlerische Teilhabe
Ein Symposium der Steirischen Kulturinitiative zu Gast im Haus der Architektur Graz
Die Teilhabe an Kunst und Kultur stellt ein Grundrecht einer demokratischen Gesellschaft dar. Demokratie braucht Übung, die Grundform der Demokratie ist die Partizipation. Partizipation braucht Übung. Graz hat darin Übung. Aktive Bürger:innen-Beteiligung ist hier seit 50 Jahren präsent. Neben den frühen Errungenschaften des „Tempo 30″ und der Wohnstraßen gibt es heute ein Bürger:innen-Budget und ein Zukunftslabor der Kultur. Möglichkeiten den Lebensraum und das Zusammenleben mitzugestalten sind hier präsent.
Künstlerische Teilhabe fördert Beteiligung am gemeinschaftlichen kulturellen Leben. Wie diese Teilhabe gelingen kann, ist jedoch in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Nicht immer ist Kunst dort, wo für viele auch die Möglichkeit besteht, sie wahrzunehmen. Soziale Ungleichheit und ökonomische Ausschlüsse verhindern nach wie vor Möglichkeiten der Teilhabe. Es besteht aber gerade wenn es um partizipative Kunst geht auch eine Hemmschwelle, sich zu beteiligen. Kunst als gemeinschaftliches Erlebnis kann auch überfordern. Eine aktive Teilnahme an einem Kunstprojekt braucht Spielregeln und auch Räume.
Welche Räume braucht es um kulturelle Teilhabe leben zu können? Und wie kann zum Beispiel im Stadtteil Reininghaus Kunst und Kultur dauerhaft verankert werden.
TOP DOWN oder BOTTOM UP … oder Beides? Wie geht das zusammen? Wie beteiligen wir uns?
PROGRAMM
10:00 – 13:00
Soziokultureller Austausch … Beteiligungsbeispiele
Draußen auf der Straße, im öffentlichen Raum. Wer kann mit wem partizipieren? Was sind die Regeln, damit wir kollaborieren können? Welche demokratiepolitischen Vorraussetzungen sind notwendig? Und was haben alle davon? Beispiele aus Österreich.
10:00
Begrüßung
Christine Braunersroither, Vertreterin der Bürgermeisterin
Beate Engelhorn, Leiterin HDA – Haus der Architektur
Karl-Heinz Herper, Vorsitzender Steirische Kulturinitiative
Einführung
Nicole Pruckermayr
Moderation
Wolfgang Kühnelt
10:30
Elke Zobl, Leiterin des Programmbereichs Zeitgenössische Kunst und Kulturproduktion, Interuniversitäre Einrichtung Wissenschaft und Kunst (Universität Salzburg/Universität Mozarteum), Salzburg
Misch mit!
Prozesse der Beteiligung und des künstlerischen Experimentierens für eine ‚Zukunft mit Zukunft‘
Was passiert, wenn wir Kunst und ihre Vermittlung aus der Perspektive der Menschen vor Ort und im Kontext gemeinschaftlicher kultureller Produktion denken und leben? Am Beispiel des mehrjährigen Projekts „Räume kultureller Demokratie“ erläutert Elke Zobl die gemeinschaftlichen Prozesse und die Erfahrungen der Künstler:innen und der Forschenden in der Entwicklung und Gestaltung von Experimentierräumen, die sich einer „Zukunft mit Zukunft“ und der Gestaltung von Begegnungen im öffentlichen Raum widmen.
11:00
Amila Širbegović, Architektin und Stadtforscherin, Wien
„Räumliche Ressourcen nützen – Kunst und Kultur vernetzen“
Amila Širbegović ist Architektin und Stadtforscherin. Sie kommt aus der Stadtteilarbeit und war die letzten vier Jahre als Projektleiterin im IBA_Wien-Team tätig. Jetzt arbeitet sie im neu geschaffenen Referat „Strategische Projekte und Internationales“, bei der MA 50, Stadt Wien und beschäftigt sich weiterhin mit den sozialen Aspekten des Wohnens.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Gebietsbetreuung hat sie zahlreiche Beteiligungsprojekte entwickelt und umgesetzt, vor allem in der Zusammenarbeit mit lokalen migrantischen Communities und lokalen künstlerischen Initiativen. Darunter sind das Reisebüro Ottakringer Straße, Kulturnetz Hernals, SOHO goes Hernals, unter anderem zu erwähnen.
11:30
Michael Wimmer ist Gründer und war bis Ende 2017 Geschäftsführer von EDUCULT. Seit 2018 ist er Direktor des Forschungsinstituts und nimmt seither die Funktion des Vorstandsvorsitzenden wahr. Aus diesen Tätigkeiten sowie als langjähriger Geschäftsführer des Österreichischen Kulturservice (ÖKS), als Musikerzieher und Politikwissenschafter bringt Michael Wimmer umfassende Erfahrungen in die Zusammenarbeit von Kunst, Kultur und Bildung ein. Berater des Europarats, der UNESCO und der Europäischen Kommission in kultur- und bildungspolitischen Fragen. Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Internationalen Konferenz für Kulturpolitikforschung (iccpr).
Er wird über strukturelle Fragen kultureller Beteiligung sprechen.
12:00
Andreas Goritschnig, Architekt, Künstler und Kurator OPEN.LAB Reininghaus, Graz
Andreas Goritschnigs Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld von Architektur, Gesellschaft und Ökologie – ihn interessiert Raum als Ort der Begegnung von sozialen, kulturellen und ökologischen Prozessen. Studium der Architektur an der TU Graz und der Kunstuniversität Linz. 2009-2015 Forschungs- und Universitätsassistent am Institut für Architektur und Landschaft der TU Graz. 2014-15 Co-Autor ‚BREATHE AUSTRIA’ Österreichischer Pavillon EXPO Milano 2015 im team.breathe.austria. Seit 2015 Lehrtätigkeiten an der TU Graz, der FH Joanneum und der Universität Graz. Unter anderem Vorlesung zu ‚Nachhaltigen Systemen‘, Entwurfsstudios, Futurelab, Interdisziplinäres Praktikum zu urban gardening.
2015 Gründung Studio AG – designing transformation. Studio AG ist ein design.lab mit dem Schwerpunkt auf der Gestaltung von Transformationsprozessen, der Etablierung neuer Praktiken und dem nachhaltigen und kreativen Umgang mit Ressourcen.
Von 2016 – 2021 Pilotprojekt OPEN.LAB Reininghaus zu den Themen lokaler Ressourcen, Urban-mining und urbaner Transformation. Seit 2015 Gründungsmitglied des Breathe Earth Collective, einem Think-und Do-Tank zum Thema Luft und Klima.
Das Mittagsbuffet wird dankenswerterweise von der Kommunikationsabteilung der Stadt Graz zur Verfügung gestellt.
14:00 – 18:00
Bottom up oder Top down? Oder beides? Auch eine Raumfrage. Kunst in Reininghaus
Anderswo und Reininghaus. Wie kommen Kunst und Kultur in ein Stadtviertel?14:00
Christoph Wiesmayr, Rurbanist, Verein Schwemmland, LinzSCHWEMMLAND; „DIE RURBANE NISCHE“ künstlerische Interventionen und fruchtbare Kooperationen … gegen weitere Versiegelung und Verlust von wertvollen Raumressourcen im bislang fast gänzlich verbauten Industriegebiet (5km2) der vormaligen „Lustenau“, einer verschwundenen Auenlandschaft im Linzer Osten. Dem Phänomen der „Rurbanen Nische*“ ist man hier seit Gründung des Vereins SCHWEMMLAND (2012) auf der Spur. Diese spezielle Form von Restflächen im „Dazwischen“ äußern sich in unterschiedlichen Ausprägungen und sind, besonders in Zeiten des Klimawandels, als wertvolle Raumressource der Biodiversität sowie als Hitzeinseln für ein verbessertes Stadtklima zu verstehen. Diese oft flüchtigen Ereignisse in „Rurbanen Nischen“ werden auf unterschiedliche Weise thematisiert, künstlerisch interpretiert und im „Treib.Gut“ Magazin dokumentiert. Neben den flüchtigen Ereignissen haben sich in der letzten Dekade zwei Standorte für nachhaltige Entwicklung herauskristallisiert. Christoph Wiesmayr ist Rurbanist, er vermittelt und forscht mit seinem Verein „SCHWEMMLAND“ seit 2012 zwischen den ruderalen und urbanen Phänomenen im Linzer Osten.
Mit dem von ihm konzipierten Projekt der „Klimaoase Linz-Lustenau“ setzt er neue Maßstäbe gegen weitere Versiegelung im Gebiet und öffnet seinen Garten für umweltbewußtseinsbildende Maßnahmen.
rurbanist.at, schwemmland.net
14:20
Franz Xaver, Künstler/Stadtwerkstatt Linz
Digitaler Kunstkontext
Ab Mitte der 80iger Jahren im Bereich der Medienkunst in Wien aktiv. Lehraufträge an der HS für angewandte Kunst und TU-Graz. Diverse Ausstellungen u.a. Biennale Venedig, Kunsthalle Bonn, Ars Electronica. Ab den 90iger Jahren Arbeit an autonomen Strukturen im Zeitalter des Internets. Arbeiten im Umfeld von Freier Software. Silverserver – Atnet – Public Netbase, Funkfeuer, servus.at und mur.at. Ab 2003 4 Jahre „Medienkunstlabor im Kunsthaus Graz“. Naben ca 100 Veranstaltungen gab es 60 öffentliche Schließfächer für Internetserver im Kunstkontext. Seit 2009 inhaltliche Programmierung der „Stadtwerkstatt Linz“ – 40 Jahre autonome Strukturen in der österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft.
Autonome Strukturen im digitalen Zeitalter.
Können autonome Strukturen im Informationszeitalter überhaupt funktionieren? Welche Rolle haben sie noch? Welche Voraussetzungen und Nährboden braucht es für Individualist:innen. Beispiele aus meinen Arbeiten und Thematiken der letzten 30 Jahre.
14.40
Heidrun Primas, Kulturarbeiterin/Verein Reiningherz/Stadtdenker:innen, Graz
https://reiningherz.wordpress.com/
Der Verein Stadtdenker*innen ist mittlerweile aufgelöst. Die Gründungsmitglieder sind aber allesamt nach wie vor im Kontext partizipativer Stadtentwicklung an der Arbeit. Jede:r auf ihre/seine spezifische inhaltliche Art und Weise. Die gemeinsamen Erfahrungen haben hier weiter geführt und werden nach wie vor (unregelmäßig) ausgetauscht. So bringt Heidrun Primas nach langjähriger Leitung des Künstler:innenvereins Forum Stadtpark ihre Erfahrungen des kollektiven Denkens und Arbeitens seit April 2021 gemeinsam mit Werner Schrempf in der Konzeption, Moderation und Umsetzung eines breit aufgesetzten Partizipationsprozesses der Kulturstrategie 2030 des Landes Steiermark ein. Es ist auffällig, dass in allen sieben Großregionen der Steiermark und der Hauptstadt Graz der öffentliche Gemeinde- und Stadtraum eine wesentliche Rolle spielt, die immer stärker ins kollektive kulturelle Gestaltungswissen und -wollen einfließt. Wie können wir diese Chance nützen?
15:00
Alexander Daum, Eigentümerboard Reininghaus/Wohnbaugruppe ENW, Graz
Alexander Daum ist Mitglied der Geschäftsführung der Wohnbaugruppe, die aus fünf gemeinnützigen Bauträgern in der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich besteht. Die ENW ist einer der federführenden Bauträger der Reininghausgründe, der Green Tower wird das grüne Landmark des neuen Stadtteils. Als Obmann des Vereins Stadtteil Reininghaus geht sein Interesse über das Bauen hinaus, die interdisziplinäre Entwicklung und Begleitung stehen im Fokus seines Handelns.
15:20
Werner Schrempf, Intendant des Festivals La Strada Graz
Bereits seit dem Jahr 2006 fanden mehr als ein Dutzend La Strada-Veranstaltungen in unterschiedlichen Settings auf dem Areal von Graz Reininghaus statt. 2015 wurde in Kooperation mit IN SITU das internationale Symposium „Emerging Art for Emerging Spaces. Art and Urban Planning“ in Reininghaus veranstaltet. Gemeinsam mit Künstler:innen, Partnerinstitutionen, Architekt:innen und Stadtplaner: innen setzte man sich dabei mit den Kernfragen zum Stellenwert von Kunst und Kultur bei der Entwicklung neuer urbaner Stadtviertel auseinander und wie diese Transformationsprozesse im urbanen Umfeld von künstlerischen Projekten begleitet werden können. Exemplarisch werden zwei Community-Art-Projekte von La Strada vorgestellt: Auf Basis eines Konzeptes der griechischen Künstlerin Danae Theodoridou bespielte La Strada im Jahr 2020 vier Wochen lang mit dem Projekt „What if…?“ die Tennenmälzerei. Im selben Jahr wurde gemeinsam mit der Choreografin Joanne Leighton das komplexe Beteiligungsprojekt „The Graz Vigil“ am Schloßberg realisiert, das 732 Menschen aus der Bevölkerung aktiv involvierte.
www.lastrada.at, www.in-situ.info
14. 4. 2023
10:00 – 18:00 Uhr
HDA – Haus der Architektur
Mariahilferstraße 2
8020 Graz